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Von Streiks, Bikes und Bars

Geschichte der FAU Bern – Teil 1 

Wo fangen wir an? Ein paar Worte zum „alten“ schweizer Anarchosyndikalismus? 

Die Geschichte des „Neo-Anarchosyndikalismus“ beginnt 1999 mit der Gründung der Freien Arbeiterinnen und Arbeiter Union Schweiz, besser bekannt als FAUCH. Die von v.a. jungen Leuten getragene Organisation hat zeitweise Ortsgruppen in acht schweizer Städten. Die FAUCH ist in der Antiglobalisierungs- und der Sans-Papier-Bewegung, später auch in der Antikriegsbewegung aktiv. Es wird eine eigene Zeitung mit dem Namen „Die Aktion“ herausgegeben (wie viele Ausgaben?). Höhepunkte in Sachen Arbeitskampf sind ein erfolgreicher Streik gegen die Kündingung von drei Lehrlingen in der Baumschule … und die Unterstützung des Streiks der ArbeiterInnen der Zentralwäscherei Basel. In Bern organisieren  GymnasiastInnen zusammen mit Leuten der FAUCH 2003 innert kaum 2 Wochen einen eintägigen Schülerstreik, an dem sich 3'000 junge Leute beteiligen. Sowas war 2004 durch die Aufbruchstimmung der Antikriegsbewegung noch möglich... Viele Gymeler, die sich in diesem Zusammenhang politisiert hatten, versuchten im Schuljahr 2004/05 eine unabhängige Gewerkschaft für Schüler aufzubauen. Das „Bildungssyndikat“ hatte Mitglieder in mehreren Gymers und Berufschulen vor allem in Bern, aber auch in Biel und Thun.   Die Erfahrungen, die dabei gemacht wurden, waren gemischt. Als im Sommer 2005 ein Grossteil der Aktiven den Gymer hinter sich liessen, hörte das Bildungssyndikat auf zu existieren.

Mit dem Abklingen und der grösseren sozialen Bewegungen und der zunehmenden Resignation in der Folgezeit gingen auch die Aktivitäten der FAUCH zurück und viele Ortsgruppen lösten sich auf. 2005 bestehen noch in Zürich, Basel und Bern eine Gruppe. 

Zwischen Bern und Zürich – wie kann es ander sein – treten in der Zeit offene Differenzen auf, die an den Treffen teilweise zu Unverständnis und Streit führen. Die Berner warfen den Zürchern Beliebigkeit und „Anarcho-Ghettopolitik“ vor: sie benutzten den Namen FAUCH wahlweise als Kürzel für „Für Anarchie Und Chaos“ oder „Fraue, Alti Und Chind.“ 

Zur Bekräftigung ihres nach wie vor gewerkschaftlichen Anspruchs nennt sich die berner Gruppe  seitdem nur noch FAU Bern. Personell hat sich die Gruppe auch verändert, es sind mehrere Junge, Lehrlinge, ArbeiterInnen und Studis dazugekommen. Die Aktivitäten in der Zeit bestehen vor allem aus Teilnahme an Demonstrationen und Organisation von Veranstaltungen und Büchertischen. Die FAU ist zeitweise auch einfach nur ein Stammtisch in der Brass Lorraine, ein lockerer Treffpunkt zum gemütlichen Zusammensein, plaudern und Bier trinken. Im 2006 engagieren sich einige FAUistas stark in der intensiven Auseinandersetzung der Gassenküche der SchülerInnenkoordination Bern (SIKB) gegen die „soziale Säuberung“ des Stadtzentrums.

Durch den Eintritt neuer Mitglieder im Frühling 2007 kommt in der FAU eine neue Dynamik auf. Es wird viel diskutiert – über unsere eigenen Arbeitsbedingungen und darüber, wie wir Öffentlichkeit erzeugen und Sympathisanten erreichen können. Nachdem ein Mitglied während seiner Arbeitszeit (sie gaben dem Lehrling so wenig zu tun...) lange daran gebastelt hat, kommt im April die faubern.ch-Seite ins Internet. Die Seite wird seitdem regelmässig mit lokalen und internationalen News aktualisiert und enthält auch einen Onlineshop. Anfang Juni wird von der FAU eine Demo gegen die Polizeigewalt und die verleumderische Berichterstattung am G8-Gipfel in Rostock organisiert. 

Im Herbst 2007 unterstützt die FAU Bern einen ungewöhnlichen Arbeitskampf. Im thüringischen Nordhausen ist die die Fahrradfabrik Bike Systems in die Insolvenz getrieben und geschlossen worden, und die 135 Beschäftigten, die ohne Sozialplan entlassen wurden, haben die Fabrik besetzt. Im Zusammenspiel mit den Leuten der FAU Hamburg ensteht die Idee, in dem besetzten Betrieb wieder Fahrräder herzustellen. Die Kosten der geplanten 2'000 „Strike Bikes“ müssen aber zuerst durch Bestellungen vorfinanziert werden. Die Mitglieder der FAU Bern fragen bei Freundinnen und Kollegen herum geben dann eine Bestellung von 15 Strike Bikes auf. Die Aktion wird ein Erfolg und erhält international viel Aufmerksamkeit.

Die Diskussion in der FAU Bern über ihre Präsenz in der Öffentlichkeit trägt weitere Früchte: Ende November findet die erste FAU-Bar in der autonomen Schule Denk-Mal im Wankdorf statt: „Am Freitag 21. Dezember im Denk:Mal Ab dem 21. Dezember gestalten wir jeden dritten Freitag im Monat einen Abend im Denk:Mal. Als anarcho-syndikalistische Gewerkschaft wollen wir mit dieser Bar einen Ort für lockeren Austausch über Arbeitssituationen bieten. Neben Filmen und Vorträgen werden wir auch Konzerte organisieren. (aus dem Flyer zur 1. FAU-Bar) 

Diese Idee wird bis heute durchgezogen; Ausnahmen gibt es in Situationen wie Ferienzeit usw, in denen eh wenig Leute da sind. Der Kasten auf dieser Seite gibt einen Überblick über die gelaufenen Dinge: 

FAU-Bars mit jeweiligem Programm

21. Dezember 2007 – Strike Bike

18. Januar 2008 – Vortrag und Diskussion zur Anti-WEF-Bewegung

08. Februar 2008 – Konzert mit Paul Geigerzähler (FAU Berlin)

21. März 2008 – Vortrag und Diskussion zum Thema Anarchafeminismus

18. April 2008 – Party und Konzert mit Embryo Terror, NRK und Fritz der Traktorist

23. Mai 2008 – Diskussion zum Thema „Syndikalismus“

25. Juli 2008 – „Liedermacher und Schrummelkracher“ Konzert mit Old Dirty Baschi und MC Rüfi

22. August 2008 – „Auf glühenden Kohlen“ Dokfilmabend über die selbstverwaltete Kohlemine Tower Colliery in England

19. September 2008 - „Liedermacher und Schrummelkracher strikes back“ Konzert mit Brooms und Kopfnuss

17. Oktober 2008 – Filmabend zu Arbeitskämpfen

21. November 2008 – Konzert mit Oli Second, Delaya, Floro Rough und Joegg. Rund 500.- Einnahmen gehen an die israelischen „Anarchists Against the Wall“ (www.awalls.org)

12. Dezember 2008 – „Trash before Chrismas“ Bad-Taste Party mit 90er Disco.

16. Januar 2009 – Konzert mit Undiscovered Soul und Tomorrows Ashes

20. Februar 2009 – „Leute aus der Sans-Papier Bewegungen Zürich erzählen“

21. März 2009 – Konzert mit Enraged Minority und Kopfnuss

17. April 2009 – Konzert mit Alex und Mer Zwe

22. Mai 2009 – Vortrag und Diskussion zu Arbeitskämpfen und Gewerkschaften in Polen, Serbien und Kroatien, dann Disco & Vodka

19. Mai 2009 – Musik und Spass mit Old Dirty Bashi, Grimmelshauser und Kavaliersdelikt. Die Einnahmen gehen an AnarchistInnen in Philippinen.

17. Juni 2009 – Filmabend mit "Un pueblo en armas" über die CNT und den spanischen Bürgerkrieg

20. November 2009 Konzert mit Jungle Urbaine und Taliband

18. Dezember 2009 – „Trash before Chrismas“-Disco 

Sonstige von der FAU (mit-)organisierte Veranstaltungen:

16. Oktober 2008 - dagongmei. Arbeiterinnen aus Chinas Weltmarktfabriken erzählen. Buchvorstellung und Diskussion

24. April 2009 – Der Griechenland-Journalist Ralf Dreis erzählt über die aktuelle soziale Revolte in Griechenland und über die libertäre Schriftstellerin Lily Zografou.

22., 23., 26., 28. und 29. April 2009 – Selbstverwaltete Fabriken? Ein Mitglied der FAU Bern stellt in einem Vortrag aktuelle Erfahrungen mit Fabrikbesetzungen vor.

Soviel mal zu ersten Teil der Geschichte. Im nächsten Teil folgt in der nächsten Ausgabe, dabei geht es um Starbucks, um einen Callcenter-Arbeitskampf, Nestlé, die globalen Krise und Selbstkritik...  

Aus: Di Schwarzi Chatz Nr.4 (Januar/Februar 2010)

Hier gehts zum 2. Teil

 

 

 

 

 

 

 

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