Das Informationsportal zur Geschichte der syndikalistischen Arbeiterbewegung

 

Institut für Syndikalismusforschung

 

 

Home

 

Suche auf Syfo /Search Syfo Pages

 

Other Languages/

Otras Lenguas

 

Kontakt

 

Impressum

 

Ekke

Merkblatt für Funktionäre der FAUD

Hast du durch das Vertrauen deiner Kameraden eine Funktion in der Bewegung übertragen bekommen, dann musst du auch bestrebt sein, sie auszufüllen. Nachlässigkeit und Unverantwortlichkeit deinerseits schädigt die Bewegung und die Sache, wofür du zu Kämpfen angibst. Bedenke stets, dass du als Funktionär Beispiel sein musst. Hast du deinen Austritt aus der Landeskirche noch nicht vollzogen, dann hole es nach. Führe deine Frau in die Weltanschauung des Syndikalismus ein, damit auch sie Mitkämpferin in dieser Bewegung wird. Sorge dafür, dass deine Kinder vom Religionsunterricht befreit werden. Was du für Schnaps, Tabak, Bier und Zigaretten ausgibst, lege dir in guten Büchern an.

Du schädigst durch die Nichtkonsumption dieser Genussmittel empfindlich den Staat, stärkst deinen Geist und nutzt dir und unserer Bewegung. Zeige überall, dass du ein aufrechter Klassenkämpfer bist. Als Funktionär bist du eine Stütze und Säule der Organisation. Taugt der Träger der Bewegung nichts, dann ist auch die verantwortliche Organisation faul und morsch. Als Funktionär hast du soviel Aufgaben, dass sich hier nicht alle umschreiben lassen. Als 1. Vorsitzender bist du Geschäftsleitung und Repräsentant der Bewegung. Du bist dafür verantwortlich, dass alle Wochen der Gesamtvorstand zusammentritt, um die laufenden Geschäfte zu regeln. Jeden Monat muß eine Mitgliederversammlung mit Vortrag oder Vorlesung arrangiert werden, eine andere zur Besprechung der laufenden organisatorischen Angelegenheiten. Anordnung öffentlicher Versammlungen werden im Gesamtvorstand gründlich durchgesprochen. Vergiß nie, dem Referenten Tag, Saal, Zeit und Thema mitzuteilen, außerdem eine Adresse, an die er sich halten kann. Alle Veranstaltungen unserer Bewegung müssen nach guter Vorarbeit zu mächtigen Kundgebungen der FAUD. am Orte werden.

Laß keine gegnerische Versammlung vorbeigehen, in der nicht ein Diskussionsredner unserer Bewegung gesprochen hat. Vergiß nie Literatur und Zeitungen in diesen Versammlungen zu verbreiten. Nimm Anteil an der Arbeit der Betriebszellen und unterstütze sie mit Rat und Tat. Dulde zu keiner Mitgliederversammlung persönliche Diskussion, wenn sie nicht im Interesse der Bewegung unbedingt erforderlich ist. Arbeite systematisch an der geistigen Hebung der Mitglieder und Funktionäre. Tausch mit den benachbarten Gruppen eure rednerisch befähigten Kameraden aus. Als 2. Vorsitzender hast du gemeinsam mit dem 1. Vorsitzenden die laufenden Geschäfte zu erledigen. Betrachte dich als der technische Obmann, der die gesamten technischen Arbeiten der Bewegung zu organisieren hat. Dadurch gewinnt der 1. Vorsitzende Zeit, sich geistig zu schulen und kann den Mitgliedern Vorträge halten. Bereitstellung von Kurieren, Einberufung der Versammlungen, Organisierung der Flugblattverteilung usw. sind alles deine Obliegenheiten. Füllt der 1. Vorsitzende seine Funktion nicht aus, dann greife ihm unter die Arme oder springe ganz in die Bresche ein, ehe die ganze Bewegung verlottert. Dadurch sparst du dir viel Aerger, den Mitgliedern und Funktionären wird viel Zeit zu anderer Arbeit übrigbleiben, die sonst mit reorganisatorischen Angelegenheiten vertrödelt wäre.

Als 1. Schriftführer hast du gemeinsam mit dem Vorstand die laufende Korrespondenz zu erledigen. Der Verlauf einer Versammlung die gefassten Beschlüsse, die Tagesordnung sind alle im Protokoll festzuhalten. Vermeide, deine persönliche Meinung in das Protokoll hineinzulegen. Das Protokollbuch muß ein Spiegel der örtlichen Bewegung sein, aus dem man den geistigen Stand und die Aktivität der Ortsgruppe ersehen kann. Führe über alles Wichtige genau Registratur, doch vermeide alles, was der Polizei Material gegen deine Kameraden gibt. Alle Vorstands-, Funktionärmitglieder und öffentlichen Versammlungen müssen registriert werden.

Der 2. Schriftführer schreibt die Einladungen an die Mitglieder und Funktionäre aus. Er unterstützt den 1. Schriftführer in seiner Funktion, hilft ihm bei Versammlungen die Beschlüsse festzuhalten und führt bei Abwesenheit des 1. Schriftführers das Protokoll. Als 1. Kassierer hast du die wichtigste und vertrauensvollste Funktion der Bewegung. Bist du leichtsinnig und bequem, dann kannst du die ganze Bewegung zerstören und wirst am Ende mit Schimpf und Schande von deiner Funktion enthoben. Die Bewegung kann durch deine Nachlässigkeit auf Monate zerstört werden. Eine deiner Hauptaufgaben ist es, regelmäßig mit deinen Haus.- und Betriebskassierern abzurechnen. Sorge dafür, dass jedes Mitglied seine Zeitung erhält und Beitrag bezahlt. Laß keinen Aufruf in der Presse unbeachtet. Reagiere auf alle Rundschreiben. Rechne jede Woche mit der G(eschäfts) K(ommission) die Zeitungen ab. Vergiß nie, den Agitationsbeitrag an die A(gitations) K(ommission) und, wenn ihr einer Föderation angeschlossen seid, den Föderationsbeitrag abzuführen. Achte darauf, dass Solidaritäts-, Inhaftierten- und Kampffondmarken geklebt werden. In Funktionär und Mitgliederversammlungen mache die Genossen auf etwaige in der Presse veröffentlichte Rundschreiben, Aufrufe und Literaturanzeigen aufmerksam. Dringe darauf, dass diese auf die Tagesordnung gesetzt werden. Beachte stets, dass nach dem Kongreßbeschluß der Wochenbeitrag mindestens einen Stundenlohn betragen muß. Führe genau über deine Einnahmen und Ausgaben Buch. Rechne am Monatsschluß mit allen Geschäftsinstanzen ab, schließe deine Posten, dringe darauf, dass deine Kassen- und Markenbestände geprüft werden. Eine gute Geschäftsführung wird jedem Misstrauen vorbeugen.

Als 2. Kassierer hast du den Hauptkassierer in seiner Funktion zu unterstützen. Uebernehme die Verwaltung der Zeitung, unterlasse es aber nicht, Hand in Hand mit dem Hauptkassierer zu arbeiten, sonst kann schnell eine Unordnung in die Zeitungsverwaltung kommen. Besprecht gemeinsam alle Möglichkeiten einer guten exakten Geschäftsführung. Bist du Obmann der Revisoren, so hast du die Verwaltung aller Markenbestände zu übernehmen, die Marken zu bewerten und sie bewertet gegen Quittung an den Kassierer abzugeben. Führe genau Buch über deine Markenbestände. Alle vier Wochen ist es deine Pflicht, die Kassenrevision gründlich vorzunehmen. Es ist gut, wenn von Zeit zu Zeit eine außerordentliche Kassenrevision vorgenommen wird. Unregelmäßigkeiten des Kassierers treffen in erster Linie dich.

Bist du Betriebszellenobmann, dann bist du der revolutionäre Betriebsrat und Vertrauensmann der FAUD im Betriebe. Der Zusammenschluß aller zur FAUD gehörigen Mitglieder muß in jedem Betriebe vollzogen werden. Von Zeit zu Zeit muß die Betriebszelle Belegschaftsversammlungen einberufen, die zu den akuten Tagesfragen und allen Vorkommnissen im Betriebe Stellung nimmt. Die Betriebszelle muß mindestens alle vierzehn Tage nach Betriebsschluß zusammenkommen. Abonnenten für die Presse, neue Mitglieder für die FAUD müssen von allen Mitgliedern der Betriebszelle eine selbstverfertigte Betriebszellenzeitung herausgeben.

Bist du erwerbslos, dann verfügst du über viel freie Zeit. Deine Pflicht ist es, die Funktionäre in ihrer Arbeit zu unterstützen. Zur Ausführung aller technischen Arbeiten stelle dich den Vorstandsmitgliedern zur Verfügung. Verkaufe vor den Betrieben Zeitungen und Literatur. Wirke unter den Erwerbslosen und werbe für die FAUD, damit die Erwerbslosen nicht demoralisiert der Reaktion in die Arme getrieben werden. Bist du ein Mitglied ohne Funktion, dann gibt es für dich keine Entschuldigung, dass alle Funktionen schon besetzt sind. Du wärst der letzte Revolutionär, der erst dann was machen will, wenn er eine Funktion übertragen bekommt. Du kannst die Bewegung nicht nur unterstützen, sondern auch vorwärtstreiben, wenn du nur willst.

Darum musst du alle Veranstaltungen deiner Organisation unbedingt besuchen, die Zeitung nicht nur lesen, sondern auch weitergeben und für die Idee werben. Beitragssäumigkeit ist ein Verbrechen an der Bewegung. Durch deine regelmäßige Beitragsleistung ist die Organisation in der Lage, allen ihren Verpflichtungen nachzukommen, die kämpfenden Kameraden im Reiche zu unterstützen, Propaganda zu machen und Aktionen zu entfalten. Entziehe dich keiner Solidaritätsverpflichtung, sondern bedenke, dass Solidarität das höchste Prinzip des revolutionären Arbeiters ist. Werbe neue Mitglieder, sammle Abonnenten für unsere Presse, vertreibe Literatur, damit die Arbeiterschaft mit deiner Hilfe die Fesseln der Lohn- und Staatssklaverei von sich streift.

Bequemlichkeit, Beitragslässigkeit, Entziehung der Solidaritätspflicht, unregelmäßiger Versammlungsbesuch, Trunkenheit usw. sind alles Eigenschaften eines demoralisierten Arbeiters, der du gewiß nicht sein willst.

(Ekke.) Aus: „Der Syndikalist“, 7. Jg. (1925), Nr. 30

Seit_2007

 

Since 2007