Das Informationsportal zur Geschichte der syndikalistischen Arbeiterbewegung

 

Institut für Syndikalismusforschung

 

 

Home

 

Suche auf Syfo /Search Syfo Pages

 

Other Languages/

Otras Lenguas

 

Kontakt

 

Impressum

 

Domela F. Nieuwenhuis:

Krieg dem Krieg

Ich konstatiere, dass wir zweifellos alle darüber einig sind, dass die Kriege nicht um der Launen von Personen willen geführt werden, seien es Fürsten oder Regierungen. Was sind diese denn anders als die Werkzeuge, die Marionetten, die nach vorn geschoben werden, während die eigentlichen Täter hinter den Kulissen bleiben? Nicht die mit Kronen und Flittergold angetanen Fürsten sind die eigentlichen Herrscher in unserer Zeit, nein, die eigentlichen sind die Finanzmänner, die Bankiers, die Kapitalisten. Sie wissen das selbst sehr gut, ihnen brauchen wir das nicht zu sagen, aber leider, das Volk weiß es noch nicht zur Genüge. Eine bekannte Anekdote macht es uns deutlicher. Es drohte wieder einmal ein Krieg in Europa vor einigen Jahren. Gerade zur selben Zeit fand in Paris ein Ballfest statt, auf dem verschiedene Diplomaten und auch Frau Rothschild anwesend waren. Einer der Diplomaten hoffte, dass wenn es ihm gelinge, mit Frau Rothschild zu tanzen, er dabei auch die Gelegenheit finden würde, ihr Urteil über den angeblichen Zustand zu erfahren und dadurch die Meinung Rothschilds selbst kennen zu lernen. Es dauerte denn auch nicht lange und unser Diplomat spazierte mit Frau Rothschild am Arme durch den reich verzierten Ballsaal, und nachdem über allerlei andere Dinge geplaudert worden war, fragte er plötzlich seine Dame: "Nun, Madame, welcher Meinung sind Sie, werden wir Krieg bekommen oder nicht?" Worauf Frau Rothschild eine Antwort gab, so kurz und einfach, dass sie sehr leicht dem Gedächtnis jedes Arbeiters eingeprägt werden kann, die aber auch zugleich besser war als gelehrte Bücher und lange Ausführungen. Sie sagte nämlich: "Nein mein Herr, Krieg gibt es nicht, denn mein Mann gibt das Geld nicht dazu her!" Sehr richtig! Geben die Bankiers das Geld nicht, dann können die Fürsten, die Regierungen keinen Krieg führen, denn schon das alte Sprichwort sagt: Kein Geld, keine Schweizer!

Das Geld also ist der Nerv aller Kriege.

Warum führte man im Altertum Krieg? "Warum führt man auch jetzt noch Krieg? Zu aller erst aus Hunger. In der grauen Urzeit hatte der Urmensch Interesse am Kriege, da, wenn er siegte, er seinen Feind aufaß und so ein herrliches Mahl hatte. Später änderte sich der Zustand, obgleich er im wesentlichen derselbe geblieben ist: Siegte einer, dann ließ er den andern für sich arbeiten. Der Sieger, nahm Land, Arbeitsmittel, alles in Beschlag und konnte also seine Bedürfnisse besser befriedigen. Aber ist dies nicht auch noch heute der Fall? Die Fabrikanten, die Kapitalisten fabrizieren stets mehr und mehr, wo aber sollen sie mit ihren Waren bleiben? Sie suchen deshalb neue Absatzgebiete für dieselben; Unsere modernen Kriege sind deshalb kommerzielle, soziale Kriege. Anstatt hier die Anzahl der Konsumenten zu vermehren, sucht man anderswo ein Absatzgebiet.

Es herrscht Überproduktion - rufen unsere Ökonomen, weil ihre Lagerhäuser gefüllt sind, während die Produzenten selbst wenig oder gar nichts davon erhalten. Aber das ist eine Lüge. Es besteht eher Unter -, als Überproduktion. Wir beiden, wie Fourier sich einst sehr gut ausdrückte, wir leiden Mangel, weil zu viel vorhanden ist; wir haben Hunger, weil es zu viel Brot gibt; wir gehen schlecht gekleidet, weil zu viel Kleider vorhanden sind; wir haben keine Schuhe, weil es zu viel Schuhe gibt. Diesen gelehrten Unsinn setzt man uns an unseren Hochschulen vor. Also man führt Krieg um Absatzgebiete in Ost und West für die aufgestapelten Waren zu finden. Unsere Kriege sind das Ergebnis unserer ökonomischen Missverhältnisse. Und sie haben noch eine zweite Folge, nämlich die, dass unter der Bevölkerung in Europa aufgeräumt wird, wie ein General sich ausdrückte. Da laufen so viele Arbeitslose umher, die auf die Dauer eine Gefahr werden. Wenn man nun durch einen Krieg unter den unzufriedenen Elementen aufräumen lassen kann, so wird dadurch gewissermaßen ein Sicherheitsventil für die Gesellschaft geschaffen.

Also hat der Krieg einen zweifachen Zweck: mit Waren aufzuräumen und mit Menschen aufzuräumen. Warum also Kriege? Weil die Kapitalisten sie wünschen, denn dadurch füllen sie ihre Kassen und der Geldschrank muss gefüllt sein; Geld ist für die Bourgeoisie mehr wert als Menschen. Geldverdienen ist für die Bourgeoisie alles, und wenn der Bourgeois etwas verdienen kann, dann kann man sicher sein, dass er sein eigenes, teures Vaterland daran opfert. Waren es nicht englische Kapitalisten, die an die südafrikanischen Republiken Kanonen und Munition lieferten, womit englische Soldaten später getötet wurden? Lieferten nicht englische und deutsche Fabrikanten die Kanonen und Waffen, mit denen die Chinesen sich gegen die Großmächte vor wenigen Jahren so hartnäckig verteidigt haben?

An einem Beispiel wollen wir illustrieren, weshalb Kriege geführt werden und dann wollen wir die Gründe betrachten, die zu dem letzten Kriege zwischen China und Japan führten.

Silber ist nicht viel wert. Ein Kilo Gold kostet ca. 2700 Mk., ein Kilo reines Silber ca. 85 Mk. und die Menge des Silbers ist größer als die des Goldes. Da nun der Wert des Silbers viel kleiner ist, ist es leicht zu begreifen, dass man, um denselben Wert zu erhalten, viel mehr Silber haben muss als Gold und zwar 32 mal soviel Silber als Gold, denn 32 mal 85 ist 2700. Habe ich ein Goldstück, so muss ich, um denselben Wert in Silber zu haben, 32 mal das Gewicht des Goldstückes haben. Vier Reichstaler (a 21/2 Gld. a 1,70 Mk.) müssen also 32 mal so viel wiegen wie ein Zehnguldenstück (17 Mk.) in Gold. Das Goldstück wiegt 6,7 gr., vier Reichstaler müssten demnach 6,7 mal 32 = 214,4 gr. wiegen. Wiegen sie weniger, dann wird man vom Reiche bestohlen. Nun wohl, ein Reichstaler wiegt 25 gr., vier also 100 gr., bei 10 Gulden oder 17 Mk. bestiehlt das Reich die Menschen um 114,4 gr. oder mehr als 10 Gulden! Mit anderen Worten: Für dasselbe Goldstück, für das die Bank mir vier silberne Reichstaler auszahlt, müsste ich 8 Reichstaler, 1 Gulden und 25 Cents erhalten. Man sieht, wo die wirklichen Falschmünzer zu suchen sind. Aber die Falschmünzerei ist ein Monopol des Staates. Tut eine Privatperson dasselbe, dann wandert sie ins Gefängnis, aber der Staat hat das Privilegium, so zu handeln.

Ich erinnere mich einer hübschen Karikatur von Joh. Braakensiek in der Zeitschrift "De Amsterdammer". Man sieht den Justizminister hinter einem grünen Tische sitzen. Von zwei Schutzleuten wird ein gut gekleideter Herr mit Zylinder und Spazierstock hineingeführt, der sich heftig sträubt. Das ist der Finanzminister Pierson, der frühere Präsident der Niederländischen Bank. Dazu folgender Text:

Herr: Loslassen, ich bin ein Repräsentant des holländischen Staates.

Schutzmann: Unsinn, dieser Kerl steht an der Spitze eines Komplotts, sie geben Gulden aus, die nur 471/2 Cent wert sind.

Die Regierungen geben uns also das Vorbild im Falschmünzen. In Amerika gibt es eine große Menge von Silberdollars, aber auch in China und Japan werden Silberdollars als Scheidemünze gebraucht. Je niedriger nun der Preis des Silbers ist, desto mehr Verlust ist beim Wechselverkehr mit Silbermünze. Es musste also ein Ausweg gefunden werden für die Silberdollars und das andere Silber.

Was war zu tun? China und Japan haben genügend Silbermünze für den Geschäftsverkehr. Nur in außergewöhnlichem Falle haben sie mehr nötig. Darauf gingen nun die Bankiers ans Werk. Amerikanische und europäische Abgesandte wurden nach beiden Ländern geschickt, die die Regierungspersonen nicht etwa bestechen sollten - Pfui doch! Regierungsbeamte lassen sich nie bestechen und sind immer ehrliche Leute - nein, China kaufte Mengen von Silber in Amerika und nachdem das sechs Monate lang geschehen war, wurde plötzlich der Krieg erklärt. Nun war die Frage: wer wird gewinnen, China oder Japan? Dem Bankier war es lieber, wenn China verlor, denn nach dem Kriege kommt die "Kriegskosten-Entschädigung", für die wieder Geld nötig ist. Japan ist wohl ein großes Reich, aber klein gegenüber China. Darum kann China leicht Geld bekommen, weil das außerordentlich große Land sehr viel natürliche Hilfsquellen hat, mit Hilfe deren es bezahlen kann. Japan gewann also und China musste den Schaden tragen. Das brachte den Bankiers viel Geld ein. China lieh zuerst 400 Millionen Francs, die es in Silber erhielt, darauf noch einmal 72 Mill., die ebenfalls in Silber gezahlt wurden. Es erhielt also Silber, musste aber die Rente in Gold zurückbezahlen, woran die Bankiers aber wieder schrecklich viel verdienten. Aber.... die Bankiers kauften all das Silber für ein wenig Gold auf und verdienten Schätze dabei. Dann trafen sie ein Abkommen mit den Fabrikanten von Schiffen, Kanonen und Gewehren, dass alles, was China und Japan in Europa bestellten, in Gold bezahlt werden musste, wobei denn wieder eine Unmenge verdient wurde.

Der ganze Krieg zwischen China und Japan war also nichts anderes als ein Machwerk der Goldleute. Die Goldleute aber bilden die Bourgeoisie.

Alle Kriege sind nichts anderes als Bankierskriege.

Soldaten, der Bourgeois, der euch erzählt, dass es eine Ehre ist, dem Vaterlande zu dienen, lacht euch im stillen aus, weil ihr so dumm seid, das zu glauben, er weiß, dass er euch betrügt, wenn er das sagt.

Alles, was sie euch vormachen, von "Vaterland" und "Fürstenliebe", von Mut, Gehorsam und Treue - es dient alles dazu, euch in einen Zustand von Betäubung zu bringen, damit ihr nicht begreifen sollt, wozu man euch gebrauchen will.

Soldaten, ihr seid die Wachthunde vor dem Geldschrank der Bourgeoisie. Die Armen sind die Verteidiger der Reichtümer der Kapitalisten. Die Besitzenden haben es so schlau eingerichtet, dass sie ihr Eigentum nicht selbst beschützen - dazu sind sie zu feige und zu schwach - sondern sie lassen es von den Besitzlosen beschirmen. Das ist erklärlich. Aber wie ist die Dummheit, die Torheit der Besitzlosen zu kennzeichnen, die nichts haben und sich als Schlachtvieh für andere, ihre Feinde, die Besitzenden, gebrauchen lassen?

Dass die Schafe geschoren werden, weil sie die schwächeren sind, ist nicht zu verwundern, aber was sagt man von Schafen, die ihre eigenen Scherer wählen? Das ist der Gipfel der Dummheit und man ist geneigt, solchen Menschen zuzurufen: Tu l'as voulu George Dandin, tu ne merites pas un autre sort ( Du hast's gewollt, George Dandin, du verdienst kein anderes Los!)

Die Kriege sind der Ausfluss des militärischen Geistes; der künstlich im Volke angeregt wird. Meint Ihr, dass Chamberlain ein Cecil Rhodes Kriege führen könnten, wenn sie nicht dafür gesorgt hatten, eine mächtige Partei hinter sich zu haben. Wurde das Volk nicht schon Monate vorher systematisch gegen die Buren aufgehetzt durch die Presse? Oh; die Presse! Man nennt sie eine Wohltat und doch ist sie das Mittel in den Händen des Kapitalismus, um alle Brunnen eines gesunden Volkslebens zu vergiften. Man hat Vereine gegen die Verfälschung der Lebensmittel, zum Schutze der Vögel und Tiere, aber wo ist der Verein, der das Volk schützt vor Vergiftung der öffentlichen Meinung durch die Presse, die täglich und tropfenweise so entsetzlich viel böses tut und das Gehirn von Tausenden paralysiert?

Man sagt, dass der militärische Geist abnimmt. Woran sieht man das? Eine Phrase ist es und nichts anderes, im offenen Streit mit der Wirklichkeit. Das ganze Leben des Menschen unterliegt von klein an dem erstaunlichen, alles durchdringenden Einflusse des Militarismus, viel mehr als die meisten in ihrer Gedankenlosigkeit denken.

Ich will zeigen, wie die Gesellschaft vom militärischen Geist infiziert ist. Womit spielen die Kinder größtenteils? Geht in den Spielwarenladen, da seht ihr Säbel, Gewehre, Helme, Flaggen und Trommeln, um die Kindern schon frühzeitig an Mordwerkzeuge zu gewöhnen. Weiter sieht man Bleisoldaten zu Fuß und zu Pferde, Festungen, Kanonen und ähnliche Dinge, die als Spielzeug gebraucht werden. Statt die Kinder davon fernzuhalten, macht man sie vertraut damit. Soldatenspielen ist eine beliebte Beschäftigung und wie die Grossen auf die Jugend zu spekulieren wissen, kann man sehen, wenn ein Trupp Soldaten mit voller Musik durch die Strassen zieht, natürlich von Kinderschwärmen umgeben, welche denken: Bin ich erst groß, dann will ich auch solch eine schöne Uniform haben.

Beim Unterricht spielt der militärische Geist eine Hauptrolle. In den Bilderbüchern, wie viel Platz ist da nicht den Soldaten und Schlachten eingeräumt. Die Lesebücher enthalten allerlei Geschichten von Heldentaten auf dem Schlachtfelde. Wer sind unsere Helden? Nicht in der Hauptsache die Männer, die sich auf dem Gebiet von Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet haben, die nützliche Erfindungen machten, sondern immer Kriegsleute. Die Geschichte ist noch viel zu sehr eine zusammenhängende Aufzählung von Schlachten und läuft gewöhnlich auf die monotone Anmerkung aus: Der schlug den und war ein mächtiger König.

Der kriegerische Geist wird der Jugend anerzogen, sowohl durch das Spielzeug, das man den Kindern gibt, als durch die Bilderbücher und so wird spielend ein schlechter Geist in die Kinder gepflanzt, oft ohne dass die Erzieher es wollen oder beabsichtigen.

Ist es nicht verkehrt, dass die Kinder unter dem Namen Helden von klein auf alle diejenigen kennen lernen, die mit Feuer und Schwert umgehen, die sich auf dem Schlachtfelde hervortun?

Als ob nicht seit Luther, als er zum Reichstag nach Worms ging und auf die Warnungen seiner Freunde antwortete: "Und wenn zu Worms die Teufel wie Ziegel auf den Dächern wären, ich gehe doch hin“, vielmehr Mut zeigte, als die meisten Krieger die in einem Betäubungsrausch ihre Bestialität entwickeln auf dem "Felde der Ehre" zum Nachteil ihrer Mitmenschen. Als ob nicht ein Zola mit seinem "J'accuse", geschleudert in das Angesicht der ganzen militärischen und politischen Welt, eine größere Heldentat verübte als alle die Gallonierten, die mit weittragenden Geschützen Krieg führen gegen schlechtbewaffnete Wilde in anderen Erdteilen. Als ob nicht der Arzt, der mutig dem Tode trotzt, indem er ansteckende Krankheiten behandelt und gefährliche studiert, viel mehr sittlichen Mut zeigt, als der erste beste Kampfhahn, der gepriesen wird wegen der Anzahl getöteter Menschen wie ein Scharfrichter wegen der Zahl von Personen, die er hingerichtet hat.

Wird Vaterlandsliebe nicht immer in Beziehung gebracht mit Heldentaten im Kriege? Haben die Fürsten ihre Beinamen wie der Grosse, der Siegreiche nicht regelmäßig ihren Auszeichnungen auf dem Schlachtfelde zu danken? Spricht man nicht von "heiligen Kriegen", von "nationalen Pflichten" und wie die schönen Redensarten heißen mögen, mit denen man den Kopf verdreht?

Der König ist in jedem Lande in erster Linie Soldat. Kaum kann ein Prinz laufen und er wird Leutnant und es erscheint natürlich, dass alle Prinzen an der Spitze von Heer und Marine stehen. Weshalb zeigen sich die Fürsten bei jeder Gelegenheit in Uniform? Warum eröffnen sie die Parlamente stets als General? Ist es nicht, um den Parlamenten deutlich zu machen, dass sie, wenn's darauf ankommt, nichts um die Reden der Abgeordneten geben und ein Griff nach dem Schwert mehr wert ist als hundert Reden? Warum trägt der Minister, dem die Landmacht unterstellt ist, den Namen Kriegsminister? Ist es die Funktion dieses Mannes, Krieg zu machen? Vielleicht täte man gut, den Kriegs- und Marineministern den Namen: "Minister des trockenen und des nassen Krakehls" zu geben. Alles trägt dazu bei, um den Fürsten Vorliebe für das Militär einzuflössen und sich selbst als Spezialität auf dem Gebiete zu beschauen. So steht das ganze Leben unter dem Einfluss des militärischen Geistes, und obgleich alle Menschen, jeder für sich, den Krieg hassen, sehen wir doch alle miteinander für den Krieg arbeiten. Konnte Proudhon noch vom Frieden als dem Ergebnis des XIX. Jahrhunderts träumen, wir sind weniger optimistisch und wagen nicht zu behaupten, dass das XX. Säkulum das Werk vollenden wird.

Das einzige, was man in letzter Zeit getan hat, ist, dass man die Heuchelei zum Militarismus gefügt hat. Man heuchelt Friedensliebe mit Worten und man führt mit Taten Krieg, die widerwärtigste Szene, die die Machthaber als Finale des XIX. Jahrhunderts aufgeführt haben, war die Friedenskomödie 1899 im Haag. Eine größere Heuchelei gibt es nicht als die sogenannte Friedenbotschaft des Kaisers aller Reussen, in der gesagt wird, dass die Erstrebung des Völkerfriedens das Ideal sei, auf das die Bestrebungen aller Regierungen gerichtet sein müssten. Und seine Taten?

20.September 1898: Befehl zur Vermehrung und Verstärkung der Kanonenbootflotte im Kaspischen Meer.

15. November: Befehl zum Bau von 2 neuen Panzerschiffen 12674 Tons groß.

1. Dezember: Verbannung von 5000 Duchoborzen aus dem Kaukasus nach Kanada, weil sie als friedliebende Menschen keine Waffen tragen wollten.

14. Dezember: Befehl zum Bau von 10 neuen Torpedojägern.

20. Dezember: Der Marineminister berichtet, er habe 90 Millionen Rubel angewiesen für den Bau von neuen Kriegsschiffen, die Anlage von neuen Docks für Kriegsschiffe in Petersburg, in Finnland und in Port Arthur. Vermehrung der Flotte um 4 Schiffe, 6 Kreuzer, 2 Kanonenbote und eine Flotte von Torpedoboten und Torpedojägern.

12. Januar 1899: Vorlage des Budgets mit einer Vermehrung um 34 Millionen Rubel für das Heer und 16 Millionen für die Flotte.

19. Januar: Die russischen Truppen an der afghanischen Grenze auf 20000 Mann gebracht und bereit, nach Herat zu marschieren.

Drei Regimenter mit dem Befehl nach Helsingfors geschickt, dem finnischen Parlament die Einwilligung zur Vermehrung der Truppen in Finnland abzuzwingen.

19. Januar: Der Marineminister lässt einen neuen Kreuzer 1. Klasse von 6250 Tons und 2 Torpedobote von 350 Tons bauen. Weiter wird der Bau von 3 Panzerschiffen von 12700 Tons und 2 Kreuzem von 6000 resp. 3000 Tons beschlossen.

Nicht ein einziges Kriegsbudget in irgend einem Lande war nach der Friedenskomödie auch nur um einen Heller vermindert!

Englands Budget für 1899/1900 betrug ca. 25 Millionen Frcs. mehr als das vorige, während das Truppenkontingent um 1493 Mann und 5 Batterien und mit der Aussicht auf 10 neue Batterien für 1901 vergrößert wurde.

Die deutsche Regierung beantragte sofort darauf eine Verstärkung des Heeres um 23277 Mann, auf 4 Jahre verteilt, was auch unter Abstrich eines Drittels angenommen wurde. Und dann die Flottenpläne des Kaisers, die auch in der Hauptsache angenommen sind.

Ist das nun Heuchelei oder nicht? Alle streben nach Frieden und inzwischen steigen die Heeresziffern und Militärausgaben.

Aber was war denn von dem Zaren als Friedensfürst zu erwarten, von demselben Mann, der innerhalb eines Jahres, gerade im Jahre der Friedensbotschaft (1898) nicht weniger als 1000 Freiheitskämpfer nach Sibirien verbannt hat, um dort langsam aber sicher zu sterben; der 20000 friedliche Bürger das Land verlassen ließ, um den friedensliebenden (!) Misshandlungen des Zarenregiments zu entgehen.

Die Signatur des ruhmvollen Jahres der Friedensbotschaft war hoffnungsvoll.

Aber man waffnet sich wahrscheinlich aus purer Friedensliebe und die Mächte bezeugen ihre Friedensneigungen durch die ungeheueren Steigerungen der Kriegsausgaben und Kontingente. Si vis pecum, para bellum (Wer den Frieden will, rüste zum Kriege!).

Diese Theorie kann nicht besser in ihrer Unsinnigkeit an den Pranger gestellt werden als in dem folgenden Gespräch zwischen zwei Nachbarn.

A.: Lieber Nachbar, ich freue mich, dass wir so gut miteinander auskommen. Deshalb habe ich mir einen dicken Knüppel angeschafft, sieh mal hier!

B.: Ja, das ist ein tüchtiges Ding. Damit kannst Du jemand ganz gut den Schädel einschlagen. Nur gut, dass wir beide gut miteinander auskommen und in Frieden leben wollen. Darum will ich mir auch solch einen Stock anschaffen, obwohl ich das Geld in meinem Haushalt besser gebrauchen könnte.

Einige Zeit nachher.

A.: Sieh mal, Nachbar. Ich habe meinen Knüppel weggegeben an jemand, der weniger gebildet ist, denn eigentlich ist es doch eine schlechte Tat, jemand mit einem Knüppel totzuschlagen. Hier habe ich einen Säbel, der ist viel handlicher und auch ein anständigeres Gerät. Es freut mich, dass ich mit meinen Nachbarn so gut auskomme und dass wir alle in Frieden leben.

B.: (Den Säbel betrachtend). Ja wahrhaftig, wie gut, dass wir Christen sind. Das Christentum ist die Liebe und will den Frieden. Darum will ich mir des besseren Aufsehens wegen nur auch solch einen Säbel kaufen. Solch' Knüppel ist doch etwas heidnisch.

Wieder etwas später.

A.: Nachbar, schau mal eben. Hier hab' ich ein Gewehr. Solch Ding ist viel besser als ein Säbel. Aber ich behalte ihn nur, weil ...... unsere Beziehungen zu einander so gut sind. Ich nehme aber das Gewehr dabei.

B.: Ausgezeichnet. Ich kaufe auch 'n Gewehr. Nach Hause gekommen, sagt B. zu seiner Frau: "Gib mir Geld für ein Gewehr.“ Die Frau: Ein Gewehr? Bist Du ganz toll? Ich habe nicht einmal Geld zu Kleidern für die Kinder.

B.: Na, borge Dir nur etwas.

Die Frau: Ich kann nichts mehr versetzen, weil ich nichts mehr entbehren kann.

B.: Unsere Kinder werden größer und stärker. Sie werden unsere Schulden schon bezahlen und können einen Teil ihrer Arbeit für die Zinsen verwenden. (Die Kinder rufen: "Wir haben solchen Hunger".)

B.: Kinder Unsinn! Unzufriedenheit dulde ich nicht. Ich bin wohl für Freiheit und jeder von Euch kann soviel Hunger leiden, wie er will, wenn er nur nicht anfängt, unzufrieden zu werden..........

Mutter und Kinder weinen und erhalten aus lauter Friedensliebe noch eine Tracht Prügel.

Auf diesem Wege gehen die Nachbarn fort. Sie bewaffnen endlich einige ihrer Kinder um besser mit dem Nachbar auf freundschaftlichem Fuße leben zu können und die anderen Kinder, die über Kälte und Hunger klagen, besser strafen und erschießen zu können durch ihre bewaffneten Brüder, weshalb das Elend die ersteren zum Aufstand gegen die väterliche Gewalt bringt.

So leben die verschiedenen Haushaltungen im Elend fort.

Immer neue Waffen werden gekauft, wofür immer Geld vorhanden ist, während das Geld für Brot den Hungrigen verweigert wird und jedes Jahr kommen die Nachbarn, um einander zu versichern, dass sie prächtig miteinander auskommen und der Friede nicht gestört werden soll.

Was würde man von Nachbarn sagen, die so reden und handeln? Man würde sie entweder ins Irrenhaus stecken oder ins Gefängnis wegen Misshandlung ihrer Kinder.

Und doch ist so das tatsächliche Verhältnis zwischen den Mächten. Alle Jahre haben die Völker solche Redensarten mit anzuhören in den Parlamenten, und die Regierenden gehen mit den Völkern genau so um wie die beschriebenen Nachbarn mit ihren Kindern. Schon Montesquieu schrieb vor 130 Jahren Worte, die durchaus auf die heutige Zeit passen:

"Eine neue Krankheit ist über Europa hereingebrochen; sie hat unsere Fürsten ergriffen und sie veranlasst, eine große Anzahl Truppen zu halten. Sie nimmt immer noch zu und wirkt ansteckend, denn sobald ein Staat vermehrt, was er seine Truppen nennt, vermehren die andern plötzlich die ihrigen, sodass man nichts anderes als den gesellschaftlichen Ruin dabei gewinnt. Jeder Fürst hält alle Heere auf den Beinen die er haben könnte, wenn die Völker Gefahr liefen, ausgerottet zu werden, und diese Kraftanstrengung von allen gegen alle nennt man Friede. Europa ist auch so miniert, dass Privatleute, wenn sie in derselben Lage wären, wie die drei reichsten Mächte dieses Erdteils, sie einfach nicht wüssten, wovon zu leben. Wir sind arm mit den Reichtümern und dem Handel des ganzen Erdballs, und um Soldaten zu haben, werden wir bald nichts anderes als Soldaten haben und wie die Tataren sein.

Die Folge dieses Zustandes ist die fortlaufende Vermehrung der Steuern. Man rechnet nicht mehr mit den Einkünften, sondern führt den Krieg mit Hilfe des Kapitals. Es ist nichts seltenes, Staaten zu sehen, die ihre Besitzungen während des Friedens verhypothecieren und, um sich selbst zu Grunde zu richten, Mittel anordnen, die sie außergewöhnliche nennen, und die es in solch hohem Masse sind, wie der dümmste Sohn einer Familie es sich kaum vorstellen kann."

Denkt bei diesen Worten an unsere Gesellschaft und fragt euch, ob sie nicht Wort für Wort wahr sind, ob die Regierungen sich nicht im Wettstreit befinden, um zu sehen, welche zuerst ihr Volk an den Bettelstab bringen kann.

Man spricht davon, den Krieg zu humanisieren. Gibt es schlimmere Heuchelei? Das Vermenschlichen des Krieges ist ebenso lächerlich wie die Verbesserung der Gefängnisse. Außer einigen kleinen Veränderungen ohne Wert bleibt nichts anderes übrig, als die Gefängnisse zu schleifen. Nun wohl, ebenso bleibt nichts übrig, als den Krieg abzuschaffen. Treffen humanisierte Kugeln etwa nicht, oder soll das heißen, dass wenn Kugeln mit einem Verband daran gebrauchen will, sodass, wenn die Kugel trifft, der Verband von selbst auf die Wunde fällt? Unsinn! Gebraucht keine Kugeln, das ist besser, als humanistische Kugeln anzuwenden.

Humanisieren des Krieges - sicher unter Leitung irgend eines Fürsten, der dann im Namen der Zivilisation die Unkultivierten Chinesen bekriegt, indem er keinen Pardon geben lässt. Frauen und Kinder auf das Bajonett spießen, sie in die Luft werfen und vom Bajonett auffangen lässt! Europa, verhülle dein Angesicht vor Scham beim Hören von solchen Gräueln!

Aber die ungebildeten Chinesen haben die gebildeten Europäer erkannt. Ein chinesischer Gelehrter schrieb unlängst über die Europäer:

„ - Erst kommen die Männer in schwarzen Kleidern (die Missionare) und erzählen, uns den Himmel gratis öffnen zu wollen. In Wirklichkeit machen sie sich zu Spionen der Männer in weißen Kleidern. Diese kommen und treiben Handel mit uns, betrügen und beschwindeln uns. Wenn wir dann die Weißen zur Verantwortung ziehen, dann kommen schließlich die Männer in bunten Kleidern mit Gewehren und Kanonen und töten uns!"

Das Charakterbild des internationalen Weltkapitalismus ist:

Altar, Geldsack und Heer!

Täusche ich mich nicht, dann stehen wir vor einer Reaktionsperiode. Rom ist mächtiger denn je, hauptsächlich durch das Kapital, über das es verfügt und das Heer Geistlicher, auf die man absolut rechnen kann. Heer und Kirche gehen immer zusammen und der Kapitalismus wird lieber den Papst als Herrn ausrufen als dem Volke sein Recht werden lassen. Die Bourgeois, die angeblich den Krieg verabscheuen, wollen starke Regierungen, um die Arbeitermassen in blindem Gehorsam zu erhalten und Parlamente, um ihren Taten eine scheinbare Rechtssanktion zu geben. Sie schließen die Augen vor dem traurigen wirtschaftlichen Zustand. Toren die sie sind, sie erklären, den Krieg zu verabscheuen und tun alles, was dazu dient, den Krieg hervorzurufen, sie verachten den Zweck und geben die Mittel, die zu dem Zweck mit eiserner Notwendigkeit führen.

Die Reaktion, das ist die Partei der Gewalt, die von Rom bis an die Sozialdemokratie reicht, vom Papst bis zu Marx, eine reaktionäre Masse gegenüber dem Anarchismus und ebenso wie Louis Blanc, der alte Sozialist, mit der ganzen klerikalen Bande stimmte, um zu erklären, dass Thiers, Mac Mahon, Gallifet "ont bien merite de la patrie“ (Sich verdienstlich gemacht gegenüber dem Vaterland), als sie die Kommune in Blut erstickt hatten, ebenso sehen wir jetzt die Sozialdemokraten gemeinsame Sache machen mit den Mördern der Kommune, der eine mit der Erklärung, das die Pariser Arbeiter 1871 besser getan hätten, zu schlafen (Vollmar), der andere dadurch, dass er neben dem Schlächter der Kommune, Gallifet, in einem Ministerium Platz nahm und so mit ihm fraternisierte (Millerand).

Die Gewalt kann ohne den Militarismus nicht bestehen, ohne die Machtmittel, es mit Gewalt zu handhaben gegen jeden, der sich dagegen auflehnt.

Wir Anarchisten können deshalb allein auf uns und auf die revolutionären freien Sozialisten rechnen.

Und wie muss nun unsere Haltung gegenüber dem Militarismus sein?

Das ist die Hauptfrage, die wir im Auge behalten müssen.

Mit Phrasen und platonischen Erklärungen, dass wir die regierenden Klassen vor der Geschichte und der Menschheit für alles verantwortlich machen, kommen wir keinen Schritt weiter. Solche Resolutionen sind gut für Friedenskonferenzen, Friedenskongresse usw. Die Regierenden lachen euch dann ins Gesicht hinein und tun weiter was sie wollen.

Wenn die Sozialisten den Mut gehabt hätten, auf dem Kongress in Brüssel 1891 anzunehmen, dass die Sozialisten eine Kriegserklärung mit dem Generalstreik beantworten sollten, dann glaube ich meinen zu dürfen, dass eine kräftige Propaganda für diesen Gedanken uns in 10 Jahren viel weiter gebracht hätte, als wir jetzt sind.

Wo ist die Zeit geblieben, als ein Jules Guesde schrieb: "Wir sind fest entschlossen, und die sozialistischen Parteien müssen es auch sein, die Revolution zwischen die Beine der aufmarschierenden Heere zu werfen. Man muss den Kanonen, die man heranfährt und ladet zurufen: Man kommt, hier nicht vorbei! Man kommt nicht von hier fort"

Der Sozialismus hat eine revolutionäre eine befreiende Aufgabe, dann aber muss er es wagen, dasselbe zu sagen, wenn man die verbündeten Mächte das Verbrechen begehen sieht die Leiden des Kriegs in die Welt zu werfen, was Danton vor einem Jahrhundert auf der Tribüne über die verbündeten Fürsten und mit Anspielung auf Ludwig XVI sagte: Jetons-leur en dete une tete de roi (Lasst uns Ihnen einen Königskopf vor die Füße werfen)! Wenn er das der politischen Befreiung wegen erklären durfte, dann müssen wir, der viel größeren sozialen Befreiung wegen, diesen Worten die nötige Verbreitung schaffen, damit man weiß, welches das Los derer sein muss, die das Volk zur Schlachtbank führen für ihre verbrecherischen Zwecke.

Was wir gegen die Verbrechen der Regierungen, der Kapitalisten tun müssen? Das Mittel liegt auf der Hand: "Wenn meine Soldaten je zu denken anfangen, bleibt niemand mehr im Gliede!“ Das Denken also, das Denken des Volkes wird den Zustand verändern. Der Sozialismus nun führt zum Denken und alles, was in diesem Sinne getan werden kann, muss benutzt werden.

Dazu gehört vor allem die Überwindung der Religion. Die Priester der Religionen haben zu allen Zeiten die Kriege geschürt. Sie segnen die Waffen und Fahnen. Und gerade die Religion der Liebe, das Christentum, hat die scheußlichsten Menschenschlächtereien hervorgerufen und begünstigt. Die Geschichte des Christentums ist die Geschichte fortgesetzten Brüdermordes und der frechsten Heuchelei.

Te Deum singen, um Gott zu danken für den Sieg des eigenen Heeres und die Niederlage des feindlichen.

Diese Heuchelei beim Gottesdienst ist eine der größten Gemeinheiten, durch die man das Gedächtnis Jesu entehrt.

Ohne ein Wort des Protestes hat Kaiser Wilhelm beim Ablegen des Treueides von seiten seiner Soldaten sagen können: "Ihr gehört mir mit Leib und Seele. Für euch gibt es nur einen Feind und das ist mein Feind. Bei den heutigen sozialistischen Hetzereien kann es geschehen, dass ich euch befehle auf eure Blutverwandten, eure Brüder, selbst auf eure Väter, eure Mütter - was Gott verhüte! - zu schießen, aber ohne zu zögern müsstet Ihr meinen Befehlen gehorchen.“

Dieser Christ hat öffentlich und ohne Protest von seiten der Kirche gesagt, dass sie, die im Heere dienen, in seinem Dienst stehen und bereit sein müssten, in seinem Interesse ihre Brüder, Väter und Mütter zu töten.

Weiter ist erforderlich: Begünstigung der internationalen Interessen der Arbeiter.

Es gibt eine goldene Internationale, die der Kapitalisten, die miteinander gemeinsame Sache machen, vielmehr als die Arbeiter gegenüber den Kapitalisten. Es gibt eine schwarze Internationale, das ist Rom mit seinem Heer von Priestern und Mönchen und Nonnen, das in die intimsten Kreise der Familie dringt, um sein geheimnisvolles Werk zu verrichten. Wir brauchen eine rote Internationale, die tüchtig, revolutionär ist. Der Krieg ist niemals gut für die Arbeiter und wenn diese ihre Interessen erkennen, würden sie einen Damm gegen die schädlichen Streiche der Regierungen aufwerfen.

Arbeit und Krieg - das sind Gegensätze.

Der Soldat liefert der Gesellschaft keine produktive Arbeit, im Gegenteil, er lebt auf Kosten des produktiven Arbeiters. Denkt euch eine Gesellschaft von 5000 Menschen, unter diesen 1000 erwachsene Menschen, die die Gesellschaft mit ihrer Arbeit erhalten. Man nimmt von ihnen 200 für den militaristischen Dienst weg, welchen Einfluss hat das auf die Bevölkerung? Früher unterhielt jeder Arbeiter 5 Personen, vier andere und sich selbst, später blieben nur 800 übrig, die die anderen 4000 ernähren müssen, zuzüglich der 200, die früher mitarbeiteten, also 4200 Personen. Jeder Arbeiter muss also 500:800 - 6,25 Personen unterhalten. Anstatt 5 Personen also 6,25. In dem Maße nun die Armeen wachsen, nimmt die Anzahl derer zu, die von den Arbeitern erhalten werden müssen. Welch ein Druck auf den Wohlstand Aller! Aber noch schlimmer, er produziert nicht, er zerstört, der Soldat ist nicht nur ein unproduktiver, sondern selbst ein destruktiver Arbeiter, ein Arbeiter, der noch das Werk anderer vernichtet. Die Tiere stehen über den Menschen. Sie töten, um Beute zu machen, um davon leben zu können, aber die Menschen sind die bösesten Wesen der Schöpfung, sie sind die einzigen, die töten um zu töten. Und das tun sie so listig, so grausam, dass das Spiel der Katze mit der Maus ein Kinderspiel ist im Vergleich zu ihnen. - In der Tierwelt lebt ein Vogel, der Cariama, den man in einigen Tiergärten sehen kann. Er verabscheut streitende Vögel. Man kann ihn leicht zähmen und setzt man ihn dann in den Hühnerstall, so spielt er die Rolle des Aufsehers und Richters. Wenn sich zwei Hähne für dieselbe Henne begeistern und sich, auf den Tod bekämpfen, tut der Friedensstifter seine Pflicht; ohne Ansehen der Person hackt er nach beiden mit seinem Schnabel. Wenn solch ein Vogel seine Pflicht unter den Menschen zu erfüllen hätte, hätte er die Hände voll zu tun.

Novicow sagt: "Zunächst hat man 3.300.000 Mannschaften, die unter den Waffen sind. Wären sie keine Soldaten und lieferten sie gewinnbringende Arbeit, wobei wir pro Kopf nur 500 fl. annehmen, so würden sie für 1.900.000.000 Gulden hervorbringen. Die 2250 Millionen Gulden, die jetzt für Militärausgaben verschleudert werden, würden ca. 5% aufbringen, wenn sie in Ackerbau- und Industrieunternehmen angelegt wären. Macht wieder 112 ½ Mill. Die 28 Tage der Reservisten können auf wenigstens 100 Millionen geschätzt werden. Das macht schon ca. 2 Milliarden. Aber welche kolossalen Verluste entziehen sich jeder Berechnung. Die Kapitale bringen Kapitale hervor. Würden die Milliarden, die jetzt für militärische Zwecke ausgegeben werden gespart und in neuen Unternehmen angelegt, würden sie Gewinne abwerfen, die absolut nicht abzuschätzen sind.“

Die Arbeit dient, um zu produzieren, der Krieg, um zu vernichten. Welche Verbindung kann zwischen beiden demnach bestehen? Die Arbeiter werden als Schlachtvieh in den Krieg geführt, nicht wissend, warum sie kämpfen. Die Zeichnung von Hermann Paul im "Cri de Paris" ist bekannt. Auf dem Schiff, das sie nach China bringt, sitzen zwei Soldaten: ein Franzose und ein Deutscher. Sie unterhalten sich, da sie nichts zu tun haben während der langen Reise, von der sie vielleicht niemals zurückkehren.

„Das ist spaßig", sagt der eine, „ich erinnere mich nicht mehr, warum man sich 1870 geschlagen hat."

„Ich auch nicht", antwortet der andere.

Und das Schiff bringt sie nach den chinesischen Schlachtfeldern, wo sie fechten werden, ohne zu wissen, warum.

Ist es nicht dumm, sich töten zu lassen zum Vergnügen, zum Vorteil anderer, denn welchen Vorteil kann der Arbeiter vom Kriege haben? Die internationalen Verbindungen der Arbeiter werden einst der Habsucht und dem Neid der Grossen der Erde Zügel anzulegen wissen.

Die Internationale der Fürsten – das ist der Krieg, um die Völker zu unterdrücken und sie in Sklaverei zu halten nach dem Willen der Unterdrücker.

Die Internationale der Arbeiter - das ist der Friede, denn die Arbeiter brauchen den Frieden, um produzieren zu können.

Wir müssen aber auch unsere und unserer Kinder geschichtliche Auffassung revidieren.

Was ist Geschichte in den meisten Büchern? Eine Aufzählung von Schlachten und Königen, ohne dass man erfährt, wie das Volk lebte, dachte und arbeitete. Und doch ist die Geschichte der Bauern und Handwerker, des Volkes viel lehrreicher und interessanter als die von Müßiggängern, Königen, Adel und Geistlichkeit. Die Geschichte des Pfluges, der Karre ist viel wichtiger als die von Gabrielle d'Estree, Mad. Dubarry, der Pompadour und der anderen Königsliebsten. Die Geschichte soll die Geschichte der Kultur sein, - die Mordtaten, die Kriege bilden ein Kapitel aus der Geschichte des Kapitalismus und haben mit der Kultur nichts zu tun. Aber auch aus der ganzen Erziehungsmethode muss der kriegstüchtige Geist von Beginn an verbannt werden. Kein Spielzeug, das den Militarismus befördert, keine Bilderbücher mit Soldaten, man muss alles vermeiden, was den kindlichen Geist im militaristischen Sinne beeinflussen kann.

Ich weiß wohl, dass hie und da schon ein anderer Geist weht, aber doch bleibt noch immer ein großes Arbeitsfeld für die Jugenderzieher, denn diese sind noch zu sehr ein Werkzeug in den Händen der Kapitalisten, um die Phantasie der Kinder zu verderben und aus ihnen geduldige Untertanen, gehorsame Bürger zu machen, die sich willig führen lassen - - - auch an der Nase herum!

Wie könnte das Volk sonst noch Herren ernähren!

Der Krieg entwickelt sich notwendigerweise aus den Heeren, ebenso wie die Pflanzen aus dem Saatkorn. Ich frage mich selbst, ob der bewaffnete Friede nicht noch viel ungereimter und schädlicher ist wie der Krieg? Denn der Krieg dauert einige Zeit, endigt aber doch einmal, der bewaffnete Frieden ist ein permanenter Zustand, ist ein Unglück für die ganze Gesellschaft.

Wieviel Geld wird durch die stehenden Heere der Menschheit geraubt? Wie viele Kräfte entziehen sie der Produktion? Das ist auch eine Auswahl aber keine natürliche, sondern eine künstliche. Das ist nicht der Kampf ums Dasein, von dem Darwin spricht, sondern gegen das Dasein. Was sagt der berühmte Darwinist, Professor Häckel in seiner Geschichte der Schöpfung von den auf Grund natürlicher Gesetze organisierten Wesen?

Er schreibt:

„Eine absolute Herrschaft, früher garnicht unterworfen, der unglückselige Militarismus der Krebsschäden des heutigen Europa, hat seit der Einführung der Dienstpflicht eine republikanische Institution mit dem stehenden Heere, das dynastisch-absolutistischen Zwecken dient, zusammengekoppelt und ein unnatürliches Monstrum geschaffen. Um das stehende Heer soviel wie möglich zu vergrößern, werden jährlich aus allen Gesellschaftskreisen die gesündesten und stärksten jungen Männer durch strenge Rekrutierung ausgewählt. Je kräftiger und normaler der Jüngling, desto größer seine Aussicht, durch Hinterlader, gezogene Geschütze und ähnliche Kulturwerkzeuge umgebracht zu werden. Alle Schwachen, Kranken und Gebrechlichen bleiben frei von dieser Rekrutierung, bleiben während des Krieges zu Hause, heiraten und pflanzen sich fort. Je schwächer und gebrechlicher der Jüngling ist, desto größer seine Aussicht, der Rekrutierung zu entgehen und eine Familie gründen zu können. Während die Blüte der Jugend auf dem Schlachtfelde verblutet, genießt inzwischen der wenig brauchbare Ausschuss die Genugtuung, sich fortzupflanzen und alle seine Schwächen und Gebrechen seinen Nachkommen vererben zu können. Den Gesetzen der Vererbung zufolge muss demgemäss notwendigerweise bei jeder folgenden Generation nicht allein eine weitere Verbreitung, sondern auch eine tiefere Fortpflanzung des Schwächezustandes an Körper und Seele stattfinden. Wir brauchen uns deshalb nicht zu wundern, dass Körper- und Charakterschwäche bei den Kulturvölkern im Zunehmen begriffen sind und, mit dem starken, gesunden Körper auch der freie, unabhängige Geist stets seltener wird.“

Ihr seht also, es sind nicht die stärksten, die besten, die überleben und sich fortpflanzen, im Gegenteil die schwächsten, die gebrechlichsten sind die Sieger. Und dieser Gelehrte hat durchaus recht, als er schrieb: "Verglichen mit den wunderbaren Errungenschaften der Naturwissenschaften bleibt unser Regierungs-, Administrations-, Justiz- und Erziehungssystem und unsere ganze soziale und sittliche Qrganisation im einem Zustand der Barbarei“ (In der ersten Ausgabe, selbst noch in der fünften von 1874 finden wir diese Worte, in den späteren Ausgaben sind sie verschwunden!).

Und der schicksalsschwere Einfluss des militärischen Lebens in den Kasernen, den "Schulen der Bildung", wie die Herren Militärs uns weismachen wollen. Wir wissen - leider - dass die Zivilisation der Kaserne viel Ähnlichkeit mit Syphilitisation hat. Solange es stehende Heere gibt, wird der Krieg seinen drohenden Charakter zeigen als eben eine der Ursachen, die den Krieg gebären.

Aber alle diese Mittel sind vorbereitend, dem Krieg müssen durch das Proletariat durch den Streik im Kriegsfalle und dem Generalstreik alle Mittel entzogen werden.

Auf dem Kongress der Internationale 1868 nahm man mit allen Stimmen folgende Resolution an:

"Der Kongress empfiehlt vor allem den Arbeitern, alle Arbeit niederzulegen in den resp. Ländern, zwischen denen ein Krieg ausbrechen soll.

Der Kongress rechnet genügend auf die Solidarität, die die Arbeiter aller Länder beseelt, um erwarten zu können, dass ihre Unterstützung diesem Kriege der Völker gegen den Krieg nicht fehlen wird.“

Da ist bereits die Rede vom Streik im Falle eines Krieges.

Als ich den militärischen Generalstreik auf dem Brüsseler Kongress 1891 empfahl, war die Opposition groß und man nannte den Vorschlag eine Utopie, ein Phantasiegebilde.

Das ist der Fortschritt des Sozialismus in 20 Jahren! Unglücklicherweise ein Vorausgang nach rückwärts.

Wenn die Arbeiter der verschiedenen Länder sich zu stellen weigern, was sollen die Regierungen mit ihren Mobilmachungen anfangen? Das Vorbild einzelner wird viele veranlassen, mitzutun. Vielleicht kann man sie gefangen setzen, wenn es wenige sind, was aber, wenn es Tausende sind? Dann wird es unmöglich. Man kann auch einzelne füsilieren, um ein Exempel zu statuieren, aber hat man denn keine Mittel, um diese Bluttaten zu rächen? Und wird nicht ein bewaffneter Aufstand die Folge davon sein? Wenn systematisch der Gehorsam verweigert wird, sind die Großmächte selbst nicht imstande, die Sozialisten zu brudermörderischen Handlungen zu zwingen.

Ich wähle den Bürgerkrieg gegenüber dem Krieg zwischen den Völkern, denn im ersten Falle kämpft man für eine Idee, im anderen zum Vergnügen und zum Vorteil anderer. Man kämpft dann auch gegen seine wirklichen Feinde. Denn wer ist der Feind des französischen Arbeiters? Das ist nicht der deutsche oder englische Arbeiter, sondern das ist der französische Kapitalist, mag er immer dieselbe Sprache sprechen und dasselbe Land zum „Vaterland" haben. Die Arbeiter aller Länder sind Kameraden, weil ihre Interessen dieselben sind. Die Unterdrücker der Arbeiter sind überall Machthaber und ein Sieg über sie bedeutet die Befreiung der Arbeiter, die unter dem Joch der Unterdrückung seufzen.

Das Vaterland - aber das ist eine Redensart, verdient denn das Land, wo man euch im Schweiße eures Angesichts bei Strafe des Hungertodes schuften lässt, den Namen Vaterland? Nein, man hat euch euer Vaterland gestohlen und darum könnt ihr für solches Vaterland keine Liebe hegen.

Die Regierungen mögen sich hüten und daran denken, dass die Anarchisten nicht so gleichgültig oder dumm sein werden, einander zu ermorden, um das Spiel ihrer Feinde zu spielen. Einer der schönsten Augenblicke der ganzen Weltgeschichte war sicher der als sich am 18. März 1871 in Paris die Soldaten mit ihren Brüdern den Arbeitern vereinigten. Nun wohl, propagiert die Verbrüderung der Armeen vor den Augen ihrer Anführer, die bei diesem Schauspiel vor Schreck erbleichen werden.

Aber die Arbeiter haben auch die Mittel in der Hand, um jeden Krieg unmöglich zu machen. Nehmt an, dass die Transportarbeiter auf der See und am Lande, die Arbeiter in den Häfen und an den Eisenbahnen streiken, welche Mittel haben die Regierungen dann, um die Soldaten zu transportieren? Sie machen es den Heeren unmöglich, aneinander zu kommen und das ist der beabsichtigte Zweck. Unlängst lasen wir von einem Streik der englischen Heizer, und der Maultiertreiber in New-Orleans, sodass man 1400 Maultiere, für Südafrika bestimmt, nicht einschiffen konnte. Bravo! So muss man beginnen. Der Krieg ist unmöglich, wenn die Arbeiter den Transport von Soldaten, Pferden, Maultieren, Kanonen, Munition und Lebensmitteln verhindern.

Lasst uns darum in unserer Propaganda fortfahren, um die Idee der Dienstweigerung im Kriegsfalle, verstärkt durch den Generalstreik, zu verbreiten.

Der Gedanke soll seinen Weg wohl finden. Lasst uns alles mögliche tun, damit die Anarchisten, die einzigen wirklichen Revolutionäre und Internationalisten, endlich begreifen, dass das Proletariat der ganzen Welt sein Blut allein gegen seinen einzigen und wahrhaftigen Feind, den Kapitalismus wagen darf.

Vorbereitet wird diese Gesamttat durch die Einzeltat: den passiven Widerstand und die individuelle Dienstweigerung.

Was der Streik kollektiv verrichtet, wird individuell getan durch passiven Widerstand. Die Dienstweigerung ist eins der Mittel, um die Regierungen zur Verzweiflung zu treiben. Aber solche Weigerung setzt eine außergewöhnliche sittliche Kraft voraus, denn um Widerstand zu bieten, den Kränkungen und Plagereien, denen man sich dabei aussetzt, ist ein beinahe übermenschlicher Charakter nötig.

Ihr kennt den Mut und den Charakter der russischen Duchoborzen, die trotz aller Leiden bei ihrer Dienstweigerung bleiben. Achtung vor diesen Helden, nicht nur in Russland, überall!

In Holland haben wir vor einiger Zeit den Fall zweier junger Leute gehabt, die sich weigerten, Dienst zu tun. Einer davon war christlicher Anarchist (Tolstoianer); er saß ein paar Monate, unterwarf sich aber dann. Der andere, ein individueller Anarchist, hat seine Strafzeit von einem Jahr abgesessen. Als er das Gefängnis verlies, fragte man ihn, ob er jetzt dienen wolle. Er weigerte sich und wurde aufs neue als rückfällig mit 1 Jahr 4 Monate bestraft.

Er hielt fest und schrieb aus dem Gefängnis:

„Meine Überzeugung ist mir lieber als mein Leben. Man kann mir das letztere nehmen, die Überzeugung niemals. Und wenn der Mensch sagt: Ich will nicht töten, dann antwortet die Regierung nach 20 Jahrhunderten Christentum und Kultur: In' s Gefängnis mit diesem Verbrecher, für ihn ist kein Platz in unserer Gesellschaft, er ist gefährlich für die heutige Ordnung."

Endlich nach 20 Monaten gab er nach, nachdem man ihm versprochen hatte, ihn sofort zum Hospitalsoldaten zu machen.

Ein Ehrensalut an diesen jungen Mann, der solange aushielt. Seine Weigerung und sein Mut sind in unseren Augen weit größere und heldenmütigere Taten, als wie sie im Kriege ausgeführt werden. Eine Gesellschaft, die es zulässt, dass ihre besten Söhne im Gefängnis sitzen, ist nicht wert, dass sie besteht. Und solche individuelle Tat eines so jungen Mannes muss natürlich großen Einfluss haben. Und wenn die Vorbilder sich vermehren, dann sind diese jungen Leute die Pioniere einer neuen Zeit, einer Zeit wahrer Kultur, die nichts gemeinsam hat mit der heuchlerischen Kultur, die unsere Zeit aufweist.

So hängt der Kampf gegen den Krieg zusammen mit der sozialen Bewegung, welche durch Begünstigung der allgemeinen Bildung und der Wohlfahrtsbedingungen die Grundlage des wahren Friedens schafft.

Wenn die Menschen etwas zu verlieren haben, sind sie an der Erhaltung des Friedens interessiert. Es kommt eine Zeit, in der man den Krieg als ein Überbleibsel des Barbarentums ansehen wird, als die Menschen in der Gewalt das einzige Mittel sahen, um angeblich Recht zu bekommen und Streitigkeiten zu schlichten. Die Meinung vieler Personen, dass das letzte Argument der Völker, ebenso wie früher das der Fürsten, in der Zukunft die Kanonen sein sollen, ist nicht die unsere, und die Geschichte der Kultur spricht nicht für die Wahrheit dieser Behauptung. Es gab eine Zeit, wo man das Duell als das einzige Mittel zur Wiederherstellung der Ehre betrachtete, jetzt wirkt es lächerlich zu denken, dass die Ehre im Zusammenhange mit Blutvergießen stände. Ebenso ist es mit dem Kriege. Es ist nicht die Frage, ob alle Verschiedenheiten beseitigt werden sollen oder ob man in der Zukunft eine Gesellschaft von Engeln erwartet: aber warum soll ein Mensch, der doch ein redliches Wesen ist, zur Schlichtung seiner Streitigkeiten fechten müssen?

Ein denkendes Wesen bedient sich der Argumente und nicht der Gewalt. Und darum hatte Friedrich II. vollkommen recht, als er sagte: „Wenn meine Soldaten zu denken anfangen, behalte ich keinen im Glied.“

Was ist also ein Heer? Eine Ansammlung von Menschen, die nicht denken, Werkzeuge, mit denen die Anführer umspringen können nach Belieben. Das Heer steht buchstäblich der Menschheit gegenüber, dem Menschen als sittlich denkenden Wesen, als Charakter, als Individualität.

Das Ziel des Militarismus ist das erzwungene Zusammenarbeiten, aber was ist das anders als ein anderer Name für Sklaverei und Despotismus? Darum ist der Militarismus ein direkter Angriff auf die Zivilisation. Der berühmte Philosoph Kant sagt in seinem Entwurf des ewigen Friedens, dass alle "Kratien", gleichgültig ob Autokratie, Aristokratie oder Demokratie (Regierung eines Einzelnen, der Besten oder des Volkes) verhängnisvoll und despotisch sind. Weg also mit allen Kratien! Was ist das aber faktisch anders als:

Es lebe die Anarchie oder Akratie!

Durch unsere Vereinigung unter der roten Fahne vergessen wir die nationalen Fahnen, und wenn die letzte Kanone entzwei gebrochen wird durch den Anarchismus, wie der Maler Dietz aus Brüssel uns auf einem seiner Gemälde sehen lässt, dann wird die weiße Friedensfahne überall aufgepflanzt werden, denn der Triumph des Proletariats ist der soziale, internationale Friede, ist die allgemeine Republik ohne Unterschied der Nationalität, des Geschlechts, der Rasse und der Farbe. Die Arbeiterbewegung und die Dienstweigerung sind die durchschlagendsten Mittel: denn das heißt die Revolution zwischen die Beine der aufmarschierenden Heere werfen.

Erklären die Regierungen den Krieg, dann ist das eine revolutionäre Tat und wir haben das Recht, selbst die Pflicht, sie mit der Revolution zu beantworten. Wenn man angefallen wird, hat man das Recht, sich zu verteidigen. Nun wohl, der Krieg ist ein Anschlag auf unser Leben, auf unsere Wohlfahrt, auf unsere Freiheit, auf die Menschheit, und wir verteidigen im Namen der Kultur die Menschheit gegen die Kanonen und Gewehre unserer Unterdrücker.

Kühnheit, nochmals Kühnheit und immer Kühnheit das ist`s, was wir nötig haben, und der Sieg wird unser sein; denn die Anarchie ist die Ordnung, der Friede, die Unterdrückung der Verelendung, ist die Freiheit!

Freier Arbeiter Verlag 1907

Seit_2007

 

Since 2007